Vom wenig besitzen glücklicher werden? Geht das in der heutigen Zeit überhaupt? Glaubt man der Modeindustrie, so hängt der eigene Selbstwert vom neuesten Konsumtrend der Saison ab: Kaufst du diese Schuhe, bist du glücklich. Kaufst du sie nicht, bist du out. Und dabei hast du nicht einmal von diesem Dilemma gewusst, bis dir die Werbung gezeigt hast, dass du ohne diese Schuhe nicht mehr leben kannst.

Der Trend von heute ist der Müll von morgen

Jeder neue Modetrend hält in etwa so lange wie Topfbasilikum bei Hofer (Spoileralarm: Nicht allzu lange). Hier grelle Farben, dort Blümchenparsley und da drüben kaputte Jeans aus dem Sandstrahler. Abgesehen von der ganzen krebserregenden Chemie in deiner Kleidung, sind die Nähte deines Kleides vermutlich ebenso kurzlebig wie dein hart verdienter Kontostand. Warum?

Weil 40 Euro im Monat ohne Urlaub und Krankenversicherung, sowie gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen nicht unbedingt die beste Arbeitsmoral fördern! Neben der starken Verunreinigung des Trinkwassers durch Pestizide und Chemikalien der Nähfabriken, sowie der Armut der ArbeiterInnen werden auch gerne einmal kleine Kinderhände für Zickzack-Nähte missbraucht.

Minimalismus im Kleiderschrank

“Oh hey, eine Leggings in Leopardenoptik? Wo kommt die denn her?…”

Mal ganz abgesehen von den oben genannten Miseren unserer konsumorientierten Gesellschaft, sieht man besonders am Kleiderschrank, dass wir eigentlich mehr haben als wir brauchen. Das meiste davon liegt schon seit Jahren in der hintersten Ecke der unendlichen Weiten unserer Regalböden und macht uns zu genervten Stauballergikern. Aber so ist das nun mal, denn wir identifizieren uns mit Kleidung. Und wer sagt, dass ihm das ziemlich schnuppe ist und Kleidung überbewertet wird, dem möchte ich doch bitte mit Kartoffelsack um die Hüften in der Straßenbahn begegnen! (Vielleicht spricht da jetzt aber auch nur das kleine, zurückgedrängte Shoppingmonster in mir.)

Menschen sind sehr visuell und vergessen schnell, was alles im Schrank vor sich hinvegetiert, wenn es nicht im direkten Blickfeld hängt. Deshalb an dieser Stelle einfach mal lüften, tief durchatmen und den Schrank auf Vordermann bringen. 

LOVE HURTS – Wie minimalisiere ich meinen Kleiderschrank?

„It hit me pretty hard when I realized I wasn’t shopping for clothes – I was shopping for happiness. No wonder my closet didn’t make sense.“ sagt Caroline, Kleiderschrankminimalistin, auf the everygirl. Sich von Dingen zu trennen, fällt schwer – Ganz egal, ob es sich um geliebte Menschen oder Schuhe handelt. Daher hier ein kleiner Leitfaden für deinen persönlichen Minimalismus:

howtoausmistenBut first: Alles raus aus dem Kleiderschrank und ab damit auf’s Bett. Psychologisch gesehen liegt es auf der Hand, dass du dich hier vielleicht zum ersten Mal visuell mit deinem textilen Überfluss auseinandersetzen musst. Das klingt nach ziemlich viel (mentaler und emotionaler) Arbeit, aber du wirst sehen: Es funktioniert. 

Minimalismus im Kleiderschrank | Blattgrün

Hast du gerade Kartons oder größere Boxen zur Hand, dann stell sie nebeneinander auf den Boden. Ansonsten tut es auch einfach genügend Platz auf dem sauberen Boden. Beschrifte deine vier Kartons gedanklich mit BEHALTEN, VIELLEICHT, SAISONAL und WEG DAMIT. Deine BEHALTEN-Kiste wird befüllt mit allen Kleidungsstücken, die du auf der Stelle anziehen würdest. Die, die super passen, bequem sind und deinen Stil ganz wundervoll ergänzen. Kurz gesagt: Die Kleidungsstücke, die du liebst. Keine Kompromisse! Und ich sage dir, dass es, wenn überhaupt, sicher nicht mehr als 20-30 Sachen sein werden! // Es ist gerade brütend heiß, doch von deinem geliebten Wollmantel trennst du dich bestimmt nicht? Ab damit in die SAISONAL-Kiste. Dasselbe gilt für die Sommerkleidung, die du liebst, wenn du im Winter ausmistest. Das Prinzip ist soweit klar, nehme ich an? // Alle Klamotten, von denen du dich (noch) nicht lösen kannst -sei es aus “Sentimentalität”, “weil es so viel gekostet hat” oder weil du “eventuell doch bald wieder reinpasst”- kommen in die VIELLEICHT-Box. Diese verstaust du am besten außer Sichtweite in der Garage, dem Dachboden oder der Abstellkammer. Vermisst du etwas aus der Kiste in den nächsten drei Monaten, häng es wieder zurück in den Kleiderschrank. // Alles andere wandert in die WEG DAMIT-Kiste. Die WEG DAMIT-Kiste kannst du nun entweder verschenken, verkaufen oder tauschen.

Häng’ deine Klamotten aus der BEHALTEN-Kiste wieder zurück in den Schrank. Spätestens jetzt wirst du erkennen, welchen Stil du eigentlich verfolgst, was dir gut steht und worin du dich wirklich wohl fühlst. Bei deinem nächsten Einkauf kannst du dich nun ganz entspannt nach deiner Garderobe richten und spontanen Fehlentscheidungen und unnötigen Werbeversprechen aus dem Weg gehen. 

Kurzbesuch: Capsule Wardrobe

Je nach Schrankgröße und Einkaufsfreude wirst du schnell erkennen, dass immer noch ziemlich viel Kleidung vor dir hängt. Möchtest du es ganz minimalistisch, empfehle ich dir nach “Capsule Wardrobe” zu googeln. Hier sollte deine Garderobe (heißt: Kleidung und Schuhe) pro Saison (also je Frühling, Sommer, Herbst und Winter) aus maximal 37 Stücken bestehen. Caroline, die Muse aller Capsule Wardrobe-r (?), erklärt dir hier in ihrem Blog ganz genau, was es damit auf sich hat. Im Vordergrund soll natürlich auch immer der Fun-Faktor stehen. Mit ein bisschen Willensstärke und Spass an der Sache sparst du die nächsten Jahre nicht nur Unmengen an Geld, sondern auch Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.

Minimalismus im Kleiderschrank | Blattgrün

Kleider machen Beute – Baustelle: Einkaufen

Ausmisten kann jeder. Den minimalistischen Kleiderschrank beibehalten ist das schon eine ganz andere Baustelle. Jetzt, wo dein Kleiderschrank so hübsch und stressfrei eingerichtet ist, sollte das natürlich auch so bleiben. Damit dein nächster Einkauf nicht zur Konsumorgie wird, gibt’s hier noch ein paar Tipps für dich. 

shopping

 

  • Brauche ich das wirklich oder will ich es einfach nur haben? Wir Menschen sind sehr impulsiv, wenn es um’s Shopping geht, da häufig immaterielle Wünsche durch den Besitz materieller Güter befriedigt werden. Wenn du schlecht drauf bist, geh’ also lieber eine Runde joggen, verzichte aber auf Konsumorgien, die du im Nachhinein bereuen wirst. 
  • Richte deine Garderobe nach deinem Leben aus. Bist du vielleicht graue Maus, Hippiebraut oder Businessfrau? Was trägst du? Schwitzt du viel? Was muss deine Kleidung aushalten? Bist du viel draussen unterwegs? Deine Kleidung soll vor allem deine Persönlichkeit und deine Lebensweise unterstreichen und nicht den neuesten Modetrend! Fühlst du dich unwohl in Blümchenmuster, zwickt die Jeans oder musst du die ganze Zeit das Kleid nach unten ziehen, weil es bei jedem Schritt nach oben rutscht? LASS ES BLEIBEN! Jaja, Hausverstand höre ich dich denken. Warum hast du dann so viel Zeug in deinem Schrank herumliegen, das du so selten anziehst, du Hamster? 
  • Schlichte, bequeme und multifunktionale Basics sind die besten Freunde einer stressigen Morgenroutine! Wirf vor dem Einkaufen einen Blick auf dein derzeitiges Repertoire und füge nur hinzu, was sich auch gut kombinieren lässt. Im besten Fall wandert pro Stück, das du neu kaufst, ein Bestehendes in die WEG DAMIT-Kiste, damit nach dem erleichternden Ausmisten nicht gleich wieder alles angeräumt wird. Weniger Klamotten zu besitzen, dafür aber genau die richtigen, das ist der Trick dabei. :)
  • Saisonal, regional, biologisch gilt übrigens nicht nur für Lebensmittel. 10 schwarze Shirts aus Bangladesh rauben nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Nerven. (Noch dazu sind die Farben schwarz und orange bei Billigshirts besonders allergieauslösend gefärbt und wandern mit dem Schweiß in den Körper.) Achte stattdessen auf hochwertige Produktion und faire Arbeitsbedingungen. Viele Ökomoden-Labels produzieren mittlerweile auch schon in Europa. Und das alles ohne chemische Weichmacher, Flammschutzmittel oder Formaldehyd. Meinen Einkaufszettel für ökologische Mode findest du in einigen Tagen auf Blattgrün.

Wie stehst du zur minimalen Garderobe? Slow Fashion oder Fast Fashion? Hast du weitere Tipps, um Konsumorgien aus dem Weg zu gehen? Lass es mich wissen! Ich freue mich über dein Kommentar! 

*Dieser Artikel stammt aus dem Oktober 2015, wurde jedoch am 04.10.2018 überarbeitet. 

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1 Kommentar
  • Julia von ecovain
    September 3, 2020

    Das ist wirklich ein super Beitrag. Minimalismus versuche ich so langsam auch zu implementieren, wobei ich das bei Kosmetik schon richtig gut geschafft habe. Bei Klamotten… weniger ;)
    Alles raus aus dem Schrank und aufs Bett ist wirklich der beste Tipp, weil sonst würde ich einfach gar nichts aus dem Schrank aussortieren. Sobald es aber einmal raus ist überlege ich es mir 2 mal, ob es wirklich wieder in den Schrank soll.
    Danke für die super Tipps!

  • Roman H
    März 4, 2019

    Guter Tipp mit den Schachteln!

    Das werde ich gleich mal versuchen.

  • Jana
    Januar 20, 2019

    Liebe Tanja, vielen Dank für den tollen Artikel! Eine Capsule Wardrobe habe ich noch nicht, aber ich habe mein textiles Hab & Gut bereits dreimal ordentlich ausgemistet und war jedes Mal erstaunt darüber, wie viele Teile ich besitze, aber eigentlich nicht trage . Mittlerweile fällt mir das Ausmisten gar nicht mehr schwer und ich arbeite stark in Richtung Capusle Wardrobe. Vielleicht wird es ja schon diesen Frühling was ;-)
    Lebensverliebte Grüße von
    Jana

  • Jenni
    August 18, 2016

    Liebe Tanja!
    Da musste ich mir heute Morgen gleich noch einmal deinen eigenen Start durchlesen – und habe mir auf Pinterest gleich mehrere Capsule-Wandrobe-Artikel gepinnt. Das Projekt nimmt zumindest in meinem Kopf schon Gestalt an – und ich kann es gar nicht erwarten, so richtig damit loszulegen. :)
    Obwojl ich gestehen muss: Im Geist bin ich gerade schon einmal meine Sachen durchgegangen – viel trennt mich wahrscheinlich nicht mehr von den 37 Kleidungsstücken pro Saison (das finde ich, ehrlich gesagt, schon wieder einigermaßen viel). ;)

    Liebe Grüße
    Jenni

    • tanjachampagner
      August 18, 2016

      Ja, da hast du recht! Wenn man’s nur sagt oder sich vordenkt, glaubt man gar nicht, das 37 Stück eigentlich eh schon fast eine ganze Kleiderstange ausfüllen können!
      Deshalb nehm ich’s mit der Anzahl der Stücke auch nicht so ernst und versuch mich einfach auf das Nötigste zu konzentrieren. Auch, wenn hin und wieder dann doch mal ein Stück in den Korb wandert, weil’s mich einfach so umhaut. :D
      Du kannst auf Pinterest/Insta/Google übrigens auch nach #project333 suchen, wenn du noch mehr Inspiration willst.
      Liebst, Tanja

  • Sabrina
    Oktober 24, 2015

    Fast – 39,5 Stk. im Schnitt, hab ich gezählt, inkl. Taschen und Tücher, exkl. Unterwäsche, Sport-& Freizeitkleidung (Jogginganzug, Pyjama etc.). Den Blogbeitrag von Caroline hab ich leider nicht öffnen können, um nachzulesen, was alles drunter fällt. Ist aber, denk ich, nicht so schlecht ;)
    LG

    • tanjachampagner
      Oktober 28, 2015

      Wow, Sabrina, not bad! ;)
      PS: Die Links im Beitrag müssten eigentlich funktionieren. Zur CW zählen laut Caroline alle Kleidungsstücke bis auf Accessoires und Unterwäsche+Socken soweit ich das verstanden habe.

  • Sabrina
    Oktober 18, 2015

    Ich muss jetzt sofort meine Teile zählen – 37 Stück pro Saison bzw. Jahreszeit hört sich verdammt viel für mich an. Ich behaupte, ich hab weniger, aber das muss ich evaluieren.

  • Pandas Mum
    Oktober 15, 2015

    Ein toller Beitrag -danke!! Ich habe erst vor kurzem meinen Schrank aussortiert, weil sich mein Stil nach der Schwangerschaft doch extrem geändert hat. So sind viele ehemalige Lieblingsteile hinausgewandert und haben durch Flohmarktbesuche, Kleiderkreisel und Co schon neue Besitzer gefunden :) Sehr gerne würde ich zukünftig etwas “grüner” einkaufen, leider fehlt mir noch ein bisschen der Überblick.
    Eine Capsule Wardrobe würde mich auch reizen, leider kenne ich mich zu gut und weiß, dass ich diese 3-monatige Shoppingabstinenz niemals durchhalten könnte, außerdem braucht man als Mama doch ein paar mehr T-Shirts und Regenjacke und Gummistiefel und und und (hatte ich vorher alles nicht haha :D )
    Mir hilft meistens noch einmal darüber schlafen und dann die virtuellen Wunschlisten nochmal durchklicken -dann wandert meistens einiges raus!
    Ganz liebe Grüße

    • tanjachampagner
      Oktober 15, 2015

      Hy Carina, danke für dein Kommentar!
      Diese Woche wirst du im Blog noch einen “grünen Einkaufszettel” finden. (Vielleicht hilft dir der ja ein wenig durch den Nachhaltigkeitsdschungel. :) )
      Liebste Grüße, Tanja

  • Juxi
    Oktober 15, 2015

    Liebe Tanja, danke für diesen tollen Beitrag! minimalisieren – das schwirrt seit Monaten in meinem Kopf herum – sei es der Kleiderschrank, die Cremen und andere Utensilien im Bad oder die viel zu vielen Küchenhelfer – aber so richtig schaff ich es dann doch noch nicht – aber dank deinen Beiträgen bleibt es in Erinnerung und zum richtigen Zeitpunkt schaff ich dann auch wieder was….
    GLG Juxi

    • tanjachampagner
      Oktober 15, 2015

      Hey, liebe Juxi!
      Danke für dein Kommentar! Wünsch dir ganz viel Motivation! ;)